Worb
Reformierte Kirche
Die Kirche von Worb gehört zu den bedeutendsten Landkirchen im Kanton Bern. Ihre bewegte Geschichte reicht bis ins erste Jahrtausend zurück. Heute wird das Gotteshaus durch die Gestalt geprägt, die es im frühen 16. Jahrhundert erhalten hat. Neben dem romanischen Schiff besitzt der eindrucksvolle, überwölbte Chor eine Ausstattung mit bedeutenden Glasmalereien, einem charakteristischen Chorgestühl und einem prächtigen Taufstein. Sie stammen alle aus der Zeit des Übergangs von der Spätgotik zur Renaissance.
Worb CH
Baujahr | 11. Jh.
Architekt |
Politische Gemeinde | Worb
Kirchgemeinde | Worb
Adresse | Enggisteinstrasse 6
Koordinaten | 46.930257, 7.564362
Öffnungszeiten |
Mo-So 8-19 Uhr
Die Kirche von Worb dürfte weit älter sein als die erste verbürgte Nachricht von einem «Leutpriester in Worb und Biglen» aus dem Jahr 1236. Archäologisch fassbar sind ein schwer datierbarer Holzpfostenbau aus dem ersten Jahrtausend sowie die erste, verhältnismässig grosse romanische Kirche aus dem 11. Jahrhundert, deren Schiff heute noch besteht. Im 15. Jahrhundert erhielt sie einen Turm mit einem Glockengeschoss und einem Spitzhelm aus dem beginnenden 18. Jahrhundert.
Der bedeutendste Eingriff geschah in den Jahren 1520/21, als die Familie von Diesbach den heutigen Chor errichten liess und ihn mit einer prächtigen Ausstattung versah. Wie im Chor erhielt damals auch das Schiff Spitzbogenfenster mit charakteristischen, spätgotischen Masswerken. Als kurz danach im Kanton Bern die Reformation eingeführt wurde, blieb der Chor im Besitz der Herren von Worb, die ihn vom Schiff abtrennten und ihn als Privatkapelle und Begräbnisstätte benutzten. Das Schiff stand der Kirchgemeinde zur Verfügung. Diese Trennung wurde erst 1840 aufgehoben und die Grabplatten im Chor verschwanden unter einem Holzboden. Nach 1984 wurden sie an der südlichen Kirchhofmauer aufgestellt.
Das heutige Erscheinungsbild der Kirche von Worb wird durch das weite Schiff aus dem 11. Jahrhundert, dem Turm aus dem 15. Jahrhundert und den Chor aus dem 16. Jahrhundert bestimmt. Besondere Beachtung verdient die reiche Ausstattung des mit einem gotischen Rippengewölbe überspannten Chors. Die prächtigen Glasmalereien aus der Werkstatt von Lukas Schwarz aus dem Jahr 1521 zeigen eine Madonnendarstellung im zentralen Masswerk, sowie drei kniende Stifterfiguren und sieben Wappen in den Fenstern. Die obere Reihe weist je zwei Paare mit betenden Bischöfen (Sabastian von Monfaucon, Bischof von Lausanne, sein Neffe Wilhelm und Niklaus von Diesbach, Bischof von Basel) begleitet von ihren Wappen auf. Darunter befinden sich seitlich Scheibenpaare mit den Wappen der Diesbach, in der Mitte Wappen der von Graffenrieds aus dem 18. Jahrhundert.
Charakteristisch für die Zeit des frühen 16. Jahrhunderts ist auch das noch weitgehend spätgotische Chorgestühl, in das aber bereits auch Ornamente der Renaissance eingeflossen sind. Aussergewöhnlich ist auch der reich mit Masswerken, pflanzlichen Motiven und figürlichen Darstellungen gestaltete Taufstein. Seine Bildinhalte lassen sich nur schwer deuten. Im Laufe der Restaurierung in den Jahren 1983/4 kamen auch einige Reste von Wandmalereien zum Vorschein, darunter ein Fragment aus dem 15. Jahrhundert aus einer Folge der Schöpfungsgeschichte an der Westwand hinter der Orgel.
Die besonderen Herrschaftsverhältnisse in Worb des 16. Jahrhunderts waren dafür verantwortlich, dass hier ein derartig gestalteter Chor mit seiner einmaligen Ausstattung entstehen konnte. Verantwortlich dafür war der aufgeschlossene Bauherr Ludwig II. von Diesbach, Inhaber des Kirchensatzes und der Herrschaft von Worb.
- Kunstführer durch die Schweiz, hg. von Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2006-2012, Bd. 3, S. 363-364.
- Eggenberger, Peter, Daniel Fibbi-Aeppli et al., Worb Pfarrkirche. Die Ergebnisse der Bauforschungen von 1983, Bern: Verlag Rub Media, 2012.
- Kehrli, Manuel, Susi Ulrich-Bochsler et al., Worb Pfarrkirche. Die Ergebnisse der Bauforschungen von 1983, Bern: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, 2012.
- Rutishauser, Samuel, Kirche Worb BE. Kanton Bern [Schweizerische Kunstführer GSK, 377], Bern: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, 1985.