Grosshöchstetten
Kirche Grosshöchstetten
Die architekturhistorisch wertvolle Kirche reicht in ihrer Struktur wohl bis in die Romanik zurück, zeigt sich heute jedoch aufgrund eines tiefgreifenden Umbaus im Jahr 1811 als Kirche des frühen 19. Jahrhunderts. Seit ihrer neusten Renovation im Jahr 2015 erstrahlt sie in neuem Glanz. An erhöhter Talhanglage gebaut, ist sie das weit hin sichtbare Wahrzeichen von Grosshöchstetten. Dank ihrer hervorragenden Akustik und ihrer Grösse eignet sie sich als Konzertkirche.
Grosshöchstetten CH
Baujahr | 1811
Architekt |
Politische Gemeinde | Grosshöchstetten
Kirchgemeinde | Grosshöchstetten
Adresse | Kirchgasse 9
Koordinaten | 46.907071, 7.641490
Öffnungszeiten |
Durchgehend geöffnet
Die Kirche in Grosshöchstetten wird erstmals 1230 erwähnt. Die im Zuge der Sanierungsarbeiten 2015 getätigten archäologischen Untersuchungen erbrachten jedoch Hinweise darauf, dass die Kirche bereits aus dem 9. oder sogar 8. Jahrhundert datiert. Der romanische Bau gehörte bis 1362 den Grafen von Kyburg. Danach wechselte die Eigentümerschaft einige Male, bis die Kirche nach der Reformation 1528 an den Staat überging. Im Jahr 1810/11 entstand dann ein eigentlicher Neubau. Von der alten Kirche blieben nur der Turm und die Nordwand stehen.
Obwohl als klassizistischer Bau konzipiert, liess der von der bernischen Regierung beauftragte Vorsteher des staatlichen Bauamtes, Johann Daniel Osterrieth, fünf grosse Spitzbogenfenster einsetzen. Damit wird die Kirche Grosshöchstetten zum ältesten Zeugen der sakralen Neugotik im Kanton Bern; anderen Vermutungen nach, sogar auf dem europäischen Kontinent überhaupt. Damals wurde das längs gerichtete Gebäude in eine Queranlage umgebaut, die Kanzel wurde in die Mitte der Nordwand verlegt und auf der ostseitigen Empore die erste Orgel eingebaut. Diese wurde von dem erstaunlichen Kunsthandwerker, dem Bäcker, Mechanikus und Landwirt, Mathias Schneider aus Trubschachen gebaut, der gemäss zeitgenössischen Quellen «der beste und sicherste Orgel-Bauer der Schweiz sey».
Ein einschneidendes Ereignis bedeutete der Brand vom 6. Juni 1882. Ein Experiment aus dem Physikunterricht der Schule, ein mit einem brennenden Lämpchen angetriebener Luftballon, stiess an das Schindeldach. Der Turm brannte bis auf den untersten Boden aus, die drei Glocken aus dem 15. Jahrhundert schmolzen. Bereits im September wurde mit dem Wiederaufbau begonnen und im November 1882 konnte der neue, rund 40 Meter hohe Turm aufgerichtet werden. Die vier neuen Glocken mit den Namen Eintracht, Friede, Freude und Gnade wurden von der Grosshöchstetter Bevölkerung gestiftet.
In die grossen Fenster mit den neugotischen Glasmalereien sind erstaunlicherweise die wertvollen Scheiben von Hans Zehender aus dem Jahr 1597 integriert worden. Sie gehören zu den schönsten noch bestehenden Kabinettscheiben aus jener Zeit. Mit der Renovation von 1934/35 wurde «die schönste Querkirche des Kantons» einer wiederum längs gerichteten Konzertkirche geopfert.
Die Renovationsarbeiten von 1978 förderten Fresken aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zutage. Bei näherem Hinsehen entpuppen sie sich als Fragmente dreier Szenen aus der Passion Christi: Kreuztragung (links), Kreuzigung (Mitte), Kreuzabnahme (rechts). Das Jahr 2015 ist nun wiederum von Bedeutung für die Kirche geworden. Im Zuge der Sanierungsarbeiten musste die wilde Rebe weichen, welche die Südfassade jahrzehntelang fast gänzlich bedeckt hatte und im Hang ostseitig wurde ein Nebenraum errichtet.
- Kunstführer durch die Schweiz, hg. von Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern 2006-2012, Bd. 3, S. 368.
- Tremblay, Lara, Volker Herrmann et al., Grosshöchstetten. Kirche und Friedhof, Bern: Archäologischer Dienst der Kantons Bern, 2016.
- Gugger, Hans, Grosshöchstetten. Kirche, Orgel, Pfarrhaus, s.l.: o. V., 1985.